Warum Etwas ändern wenn man Alles hat? Warum ein Risiko eingehen, wenn man doch auch beim Altbewährten bleiben kann? Was wenn’s schief geht? Hab ich einen Plan B? Ist die Selbstständigkeit wirklich das was ich will?
Diese Fragen haben sich wochenlang in meinem Kopf immer wieder Platz geschaffen wenn nicht gar vorgedrängt mit einer Wucht, die mich tatsächlich hin und wieder an meiner Idee von der Selbstständigkeit zweifeln ließ, denn eigentlich gab es für mich keine Notwendigkeit etwas zu ändern.
Mir geht’s eigentlich eh Gut
Vor 3 Jahren noch, war ich Teil der wohl besten und schönsten Digital Agenturen Österreichs. Ich bin der LOOP Familie 6 Jahre vorher beigetreten, damals noch als Digital Project Manager und hatte das Glück an tollen internationalen Marken-Projekten arbeiten zu dürfen. Dazu gehörte unter anderem Durex, Veet, Airwick und viele andere internationale Marken aus dem Hause Reckitt Benckiser. Durch die internationale Ausrichtung der Marken, konnte ich oft auf Geschäftsreisen gehen und durch die internationale Ausrichtung der Agentur mit Standorten in NYC, Copenhagen, Berlin und Sydney war es mir sogar möglich meinen Traum vom Arbeiten im Ausland zu erfüllen indem ich auch für eine Zeit lang aus dem New Yorker Standort arbeitete.

Traumjob!
Der Gründer der Agentur, war ab Tag 1 ein Vorbild und Mentor für mich. Als einer der wenigen Menschen, die ich bisher kennenlernen durfte, hat er verstanden, das Führung nicht heißt einem jeden Arbeitsschritt vorzudiktieren, sondern den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt Fehler zu machen und darauß zu lernen. Ich wäre bestimmt nicht da wo ich jetzt bin und die, die ich jetzt bin hätte ich nicht einen so tollen Chef gehabt. Vielen Dank an dieser Stelle Mike – you rock!
Gender Pay Gap in dieser Agentur? Fehlanzeige! Frauenquote im Management? Brauchen sie nicht, denn hier arbeitet man auch als Frau & Mutter sehr gerne! Top Down Kommunikation? Nope, hier spricht man auf Augenhöhe und das bis zum Chef. Als Mutter hatte ich zusätzlich noch die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten (noch lange bevor COVID-19 Home-Office zu einer Selbstverständlichkeit machte), früher zu gehen um wichtige Kindergarten Termine wahrnehmen zu können und die technische Ausstattung war auch nicht von schlechten Eltern (MacBook, iPhone, Firmenauto und Co). 2 Jahre vorher durfte ich mich sogar beruflich neu orientieren und der Chef der Agentur vertraute mir die Aufgabe an, ein modernes Media Department aufzubauen, dass den Ansprüchen der Agentur entsprechen würde und aber auch unseren Kunden Mehrwert bieten würde, den sie bisher bei keiner gängigen Media-Agentur bekommen haben. Ich ging voll und ganz auf in meinen Aufgaben und hatte scheinbar alle Möglichkeiten mich innerhalb der Agentur zu entfalten. Also warum genau wollte ich nochmal Selbstständig machen?
Der Wunsch nach mehr…
Immer schneller, immer weiter, immer besser. So fühlte sich mein Alltag in der Agentur an. Viele junge Talente wurden Teil des Teams und damit wuchs auch die Verantwortung für diese Mitarbeiter Kunden an Board zu holen und diese auch zu halten. Von Anfangs 25 Personen (zu dem Zeitpunkt als ich dazukam) war LOOP bereits auf stattliche 150 Mitarbeiter weltweit angewachsen (heute sind es bereits über 200 soweit ich weiß – eine Erfolgsstory wie sie im Buche steht). Die Mitglieder in der einzelnen Projekt-Teams wurden immer mehr, die Kommunikation untereinander nicht aufgrund der Sprachbarrieren (Umgangssprache ist Englisch), sondern aufgrund der Vielfältigkeit der Aufgaben. Was vorher von einem Mitarbeiter umgesetzt wurde, brauchte plötzlich 3 Leute. Prozesse wurden länger und plötzlich tauchten immer mehr und mehr organisatorische Aufgaben auf, die einfach keinen Spaß mehr machten.
Ich sehnte mich nach mehr… ja was eigentlich? Mehr Selbstverantwortung? Nein die hatte ich eigentlich. Mehr Möglichkeiten? Nein auch hier war alles möglich. Also was genau war dieses mehr?
Eigene Entscheidungen treffen
Eines Abends während einer weiteren Nachtschicht um ein Projekt zu finalisieren, schoss mir der Gedanke – Wenn das meine Firma wäre, würde ich dieses Projekt anders angehen. Oha! Aber warum war es nicht möglich auch als Angestellte ein Projekt anders aufzuziehen? Es war doch grundsätzlich Alles möglich. Möglich ja! Aber als Teil eines großen Teams, muss man auch lernen, dass man mit den anderen Team-Mitgliedern gemeinsame Lösungen findet, die man als Team entsprechend vertreten kann. Man muss lernen sich selbst und seine eigenen Vorstellungen teilweise zurückzunehmen, um das volle Talentpotenzial entwickeln zu können. Aber man selbst und die eigenen Qualitätsansprüche bleiben dann teilweise auf der Strecke. Das geht eine Zeit lang auch gut, denn die Arbeit an sich macht ja Spaß, aber halt nur eine zeitlang. Aber irgendwann will man mehr… Entscheidungsfreiheit. Dabei will man aber niemanden vor dem Kopf stoßen. Geht das also überhaupt in so einer Agentur Konstellation? Nicht wirklich.
Da saß ich nun vor meinem tollen Firmen Laptop und versuchte diesen Wunsch nach mehr in eine Email zu packen, die ich meinem großartigen Chef als Vorwarnung auf die auch darin enthaltene Gesprächseinladung schicken wollte. Was wollte ich eigentlich machen? Konnte ich das überhaupt alles alleine? Geht sich das finanziell aus?
Selbstvertrauen, heißt sich selbst trauen
So saß ich kurze Zeit später, mit dem Mann zusammen, der mir so vieles ermöglicht und mir so viel in Sachen Führungskraft beigebracht hat, stammle etwas vor mich hin, dass ich gerne mal was auf eigenen Beinen versuchen möchte, dass ich aber die Agentur sehr schätze und mir eh noch nicht sicher bin wie und was ich machen will, aber dass ich dann doch eher kündigen werden. Wenn man nicht todunglücklich ist, fällt einem dieser Schritt wirklich nicht leicht. Man kommt sich undankbar vor. Vor allem wenn man dann vom eigenen Chef nur hört, dass er sich sicher ist, das alles ganz großartig werden wird und er vollstes Vertrauen hat, dass alles gut geht.
Wenn das eigene Vorbild es einem zutraut, warum traut man es sich selbst dann nicht so recht zu?
Es ist die Angst davor zu Scheitern. Obwohl ich schon so oft in meinem Leben an Dingen gescheitert bin (Ehe, klassisches Mutterbild, Sport & Studium), wollte ich diesmal mit dem Schritt in die Selbstständigkeit Alles richtig machen, nur um jetzt 2 Jahre später zurückzuschauen und zu sehen, dass einen die eigene Zögerlichkeit und der Wunsch nach Perfektion im eigenen Unternehmen eher gebremst hat.
Ein Dank an die wunderbaren Menschen in meinem Leben
Die Idee wird immer konkreter, desto mehr man darüber spricht. Ich hatte das Glück meine Idee vom eigenen Unternehmen mit einigen großartigen Menschen teilen zu dürfen, die mich nicht nur in der Idee bestärkt haben sondern mir auch Möglichkeiten zur Umsetzung aufgezeigt haben. Wenn mich also Menschen fragen was es braucht um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, dann sind es für mich eine Prise Abenteuerlust, der Drang etwas von Grund auf zu Verbessern und ein Umfeld, dass einem konstruktiv bestärkt.